Vollkornbackwaren
Neben Ballaststoffen enthält Vollkorn wichtige Vitamine und Spurenelemente. Der Verzehr von Ballaststoffen aus Getreide kann das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes mellitus Typ 2 sowie einzelnen Krebserkrankungen senken (Gaeser, 2020; Hu et al., 2020; Ramezani et al., 2024). Die große Bedeutung von Getreide und Getreideprodukten in der Ernährung spiegelt sich in den Ernährungsempfehlungen wider. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt fünf Portionen Getreide und Getreideprodukte pro Tag (300 g), wobei mindestens ein Drittel davon die Vollkornvariante sein sollte. Die Österreichische Gesellschaft für Ernährung (ÖGE) empfiehlt vier Portionen Getreide pro Tag, wobei Vollkorn der Vorzug gegeben werden sollte (ÖGE, 2024).
Dennoch konsumieren die meisten erwachsenen Europäer nicht ausreichend Ballaststoffe. Österreicher essen im Durchschnitt ca. 20 Gramm Ballaststoffe pro Tag, was 66 % der Empfehlung entspricht. Backwaren mit einem hohen Vollkornanteil sind wichtige Ballast-stofflieferanten und können somit zur Erreichung der wünschenswerten Verzehrsmenge beitragen. Zum Beispiel enthalten zwei Scheiben Weizenvollkornbrot (100 g) etwa 8,4 Gramm Ballaststoffe (Elmadfa et al., 2017), was 28 % des empfohlenen Tagesbedarfs entspricht.
In Bezug auf die Auslobung von Vollkorn oder Voll-kornprodukten gibt es auf europäischer Ebene keine gesetzliche Definition. Die EU-Verordnung 1308/2013 bezieht sich bei Vollkorn auf Getreide, bei dem nur ein Teil des Endprodukts entfernt wurde, unabhängig von den bei jedem Mahlprozess erzielten Eigenschaften. Länder wie Österreich, Belgien, Tschechische Republik, Dänemark, Finnland, Litauen, Niederlande, Norwegen, Portugal, Spanien oder Schweden haben nationale Definitionen für Vollkorn als Zutat. Diese Definitionen sind abgestimmt, aber nicht harmonisiert.
Technologisch werden Vollkornmahlerzeugnisse durch direkte Vermahlung oder durch Rekombination hergestellt. Wichtig ist dabei, dass das rekombinierte Produkt weiterhin die Bestandteile des intakten Korns im entsprechenden Verhältnis aufweisen muss (Verhältnis Kleie, Mehlkörper, Keimling). In Deutschland ergeben sich die Anforderungen an Vollkornmahlerzeugnisse aus der DIN-Norm 10355 und in Österreich aus dem Lebensmittelbuch (Kapitel 18., Abs. 2.1.9.11).
Von Bedeutung für die Bezeichnung „Vollkorn“ ist somit die inhaltliche Zusammensetzung und nicht der Herstellungsprozess. Dies entspricht auch der Vollkorndefinition der „Health Grain Initiative“ (Van der Kamp et al., 2021).
Auch wenn das Bewusstsein für den gesundheitlichen Nutzen von Vollkorn und Ballaststoffen bei Konsumenten vorhanden ist, werden Backwaren aus hochausgemahlenem Getreide bevorzugt. Zu den Gründen zählen unter anderem die weiche Textur und der milde Geschmack von Weißbrot. Zusätzlich fehlt oft das Angebot an qualitativ hochwertigen Vollkornbackwaren. Herausforderungen für die Herstellung der Vollkornbackwaren sind die schwankende Qualität des Vollkornmehls, fehlende Silo- oder Lagerkapazität sowie backtechnisch schwierigere Teig- und Verarbeitungseigenschaften.
Um diesen Herausforderungen gerecht zu werden, hat backaldrin die Backvormischung Weizenvollkorn 30 % (4420) entwickelt. Diese Rekombination ermöglicht die einfache Herstellung von hochwertigen Weizenvollkornprodukten bei Verwendung von betriebsüblichen Typenmehlen. Zusätzliche Vorteile sind die flexiblen Kombinationsmöglichkeiten und die ausgezeichnete Frischhaltung der Endprodukte. In Österreich ist aufgrund des hohen Weizenkeimanteils laut Lebensmittelbuch (> 5 % Getreidekeime bezogen auf Mahl- und Schälprodukte) eine zusätzliche Auslobung als Keimlingsbrot möglich.

Artikel von Dr. Edith Hüttner-Wilkinson
Leiter-Stv. Entwicklung und Qualität, Prokuristin

Elmadfa I, Aign W, Muskat E, Fritzsche D: Die große GU-Nährwert-Kalorien-Tabelle 2018/19. 1. Auflage, Gräfe und Unzer Verlag, München (2017).
Gaeser G.A., Whole grains, refined grains and cancer risk: a systematic review of meta-analyses of observational studies. Nutrients 2020; 12 (12)
Hu, Y., Ding, M., Sampson, L., Willett, W. C., Manson, J. E., Wang, M., Rosner, B., Hu, F. B. & Sun, Q. (2020). Intake of whole grain foods and risk of type 2 diabetes: results from three prospective cohort studies. BMJ, m2206. doi.org/10.1136/bmj.m2206
Ramezani, F., Pourghazi, F., Eslami, M., Gholami, M., Khonsari, N. M., Ejtahed, H., Larijani, B. & Qorbani, M. (2023). Dietary fiber intake and all-cause and cause-specific mortality: An updated systematic review and meta-analysis of prospective cohort studies. Clinical Nutrition, 43(1), 65–83. doi.org/10.1016/j.clnu.2023.11.005
Van der Kamp, J., Jones, J. M., Miller, K. B., Ross, A. B., Seal, C. J., Tan, B. & Beck, E. J. (2021). Consensus, Global Definitions of Whole Grain as a Food Ingredient and of Whole-Grain Foods Presented on Behalf of the Whole Grain Initiative. Nutrients, 14(1), 138. doi.org/10.3390/nu14010138